Adventszeit

Lieber Advent
Das Tor in die Adventszeit: Das Adventsgärtlein


In den Waldorfkindergärten feiern wir das Adventsgärtlein.
Dieser Brauch ist in der Arbeit mit z. T. schwer behinderten Kindern in der ersten anthroposophischen heilpädagogischen Einrichtung, auf dem Lauenstein, entstanden. Margarete Hardt hat 1923 auf der Weihnachtstagung der adventsgärtleinanthroposophischen Gesellschaft in Dornach Rudolf Steiner die Überlegungen zu einem solchen Fest vorgestellt. Er riet, um die Kinder das Geschehen mit dem ganzen Leib erleben zu lassen, es groß und begehbar auf dem Boden zu gestalten.
Das Labyrinth auf dem Boden der Kathedrale von Chartres ist ein Spiralweg und für den Grundriss seines Operndorf-Projektes in Afrika entschied sich auch Christoph Schlingensief für die Spirale als Grundform. In vielen alten Kulturen wurden Spiralen gegangen oder getanzt und in der darstellenden Kunst abgebildet. Kleine Kinder drehen sich gerne um sich selbst, kreisen spiralförmig um ihren eigenen Mittelpunkt und setzen mit Farbe schwungvolle Spiralen auf Papier.

Die Spirale ist das Urbild aller Lebensprozesse, aus der Weite in die Enge, zu mir selbst, hin zu einer lebendigen Lichtquelle. Auf goldenen Sternen warten kleine Apfelkerzen darauf, nacheinander am Christuslicht entzündet zu werden. Nach einem Moment der Ruhe geht der Weg zurück in die Weite, zurück in die Welt.

Leise ziehen die Kinder ein und setzen sich. Jedes Kind geht für sich den Spiralweg mit einem Apfellicht in der Hand. An der großen Kerze in der Mitte wird dann das Apfellicht entzündet und findet seinen Platz auf der Spirale. So erleuchten die Apfellichter mehr und mehr den Raum.

„Tief im Gärtlein strahlt es helle,
lasst uns gehn zur Lichtesquelle,
langsam gehen wir hinein.
In dem dunklen Moosesgarten
viele Kerzlein auf uns warten,
dass erstrahle goldner Schein.
Deine Flamme lichte Kerze,
strahle tief auch mir ins Herze,
dass darin es helle sei.
Nicht für mich will ich’s entzünden,
allen Menschen soll es künden:
Weihnacht, Weihnacht kommt herbei.“
(von Frau Johanna Ruß)

Dieses langsame Wandern zum Licht wird von unserem Singen begleitet.

„In der dunklen Nacht,
ist ein Stern erwacht,
leuchtet hell am Himmelszelt,
schenkt sein Licht der ganzen Welt,
in der dunklen Nacht, ist ein Stern erwacht“

 

Aleksandra Muszer
(Text vielen Kollegen nachempfunden)

Adventliches Lied

Über Sterne, über Sonnen
Leise geht Mariens schritt,
lauter Gold und Lichter Wonnen
nimmt sie für ihr Kindlein mit.

Wenn Maria heilig schreitet,
von der Sterne Chor geschaut,
wird von ihrer Hand bereitet,
was zur Weihnacht niedertaut.

Karl Schubert

 

Wiegala (als Lied wird es bei uns gesungen)

Wiegala. Wigala, Weihenacht,
engel haben das Kind gebracht,
alle Menschen werden es wiegen,
alle tierlein es fromm umschmiegen,
alle Blümlein es hold begrüssen,
alle stein’ es anbeten zu Füssen,
alle engel werden ihm dienen,
Cherubim und Seraphinen.

Schlafe nur, himmlisches Kindelein!
Mondensichel dein Wiegelein,
Sonnenglanz deines Bettchens Flaum,
Sterne singen in deinen Traum,
Kindlein und Mutter lächeln so lind. –
O erde, da Mutter! O Mensch, du Kind!

Herbert Hahn

Geschichten und Reime zur Weihnacht

Geschichten und Reime zur Weihnacht – Adventliches aus unserem Kindergarten

Die Lichter erhellen langsam die Städte. Es werden auch die Adventskränze in den Familien leuchten, die mit dem Licht ihrer Kerzen die nächsten vier Wochen erhellen werden… In unseren Waldorfkindergarten hat den Reigen des Lichtes bereits St. Martin mit dem Laternenumzug begonnen. In den vielen Herzen wird ein Licht der Hoffnung schimmern, ein Licht des Friedens und der Hoffnung. Alle Jahre wieder!

Gerade zur Advents- und Weihnachtszeit – also im Dezember – werden besonders gerne Märchen und Geschichten erzählt. Als Anregung habe ich die Lieblingsgeschichten aus unserem Kindergarten für die Adventszeit zusammengestellt. Viel Spaß bei Lesen!

Für die Gemeinschaft mit lieben Grüßen
Aleksandra Sperandio Muszer

 

Wir kommen alle aus der Welt
und gehen über Gottes Feld.
Wir gehen allein, zu zweit, zu dritt.
Die Zeit ist groß – die Zeit geht mit.
Wir gehen als Dorf, als Stadt, als Land.
Der Engel leuchtet mit der Hand.
Und gehen als Völker, weh getrennt,
in Gottes ewigen Advent!
Alfred Brust

 

Es gibt viele schöne Weihnachtsgedichte und Weihnachtsgeschichten , die in den Waldorfkindergärten „leben“.
Teilweise sind sie auch als Lieder bekannt.
Das Aufsagen, Singen, als „Krippenspiel“ lebendig nachspielen : Es gehört einfach zu unserem künstlerischen Adventswirken dazu. Für manche Familien mehr, für manche weniger. Doch es ist nie zu spät, diese besondere Tradition wieder neu für sich zu entdecken und Freunden und Verwandten mit einem tollen Weihnachtsgedicht eine Freude zu machen.
Schöne Weihnachtsgedichte zeigen die schönsten Seiten von Weihnachten auf und bringen dem kleinen Kind das Weihnachtsgeschehen näher.
Die folgende Zusammenstellung umschließt einige Verse und Erzählungen, die unser kleiner Waldorfkindergarten besonders „lieb hat“ und sie werden wiederkehrend in der Adventszeit den Kindern vorgetragen.

In der religiösen Erziehung ist eine erwartungsvolle, andächtige Stimmung unerlässlich und eigentlich auch ein echtes Bedürfnis Kinder, denn sie tragen in sich eine religiöse Anlage.


„Schliefe nicht eine ganze religiöse Metaphysik träumend schon in dem Kinde: wie wären ihm dann überhaupt die inneren Anschauungen von Unendlichkeit, Gott, Ewigkeit, Heiligkeit usw, zu geben, da wir sie durch keine äußeren vermitteln können und nichts zu jenen haben als das leere Wort, das aber nur erwecken, nicht erschaffen kann ..“
Jean Paul

Viel Freude beim Lesen,
Aleksandra Sperandio Muszer

 

Wie die Tiere zur Krippe ausgewählt wurden

Während Josef und Maria nach Bethlehem wanderten, rief der große Erzengel Gabriel insgeheim die Tiere der Gegend zusammen, um einige auszuwählen, der der heiligen Familie im Stall später mit Anstand aufwarten konnten.
Als erster meldete sich ein Löwe. Er brüllte: „Nur wer von königlichem Blut ist, darf dem Herren der Welt dienen. Ich werde mich vor die Stahltür setzen und jeden zerreißen, der sich in die Nähe des Kindes wagt.“

„Du bist mir zu grimmig“, sagte der Engel.
Und der Löwe musste fort gehen.

Darauf schlich der Fuchs herbei. Er wollte süßen Honig und fette Suppenhühner für Mutter und Kind stehlen, meinte er.

„Du bist mir zu unehrlich“, sagte der Engel.
Und der Fuchs musste fort.

Nun stelzte der Pfau heran und entfaltete rauschend sein glänzendes Rad. „Damit will ich auch hinter der Krippe stehen und den armseligen Stall köstlicher schmücken als Salomon seinen Tempel“, meinte er.

„Du bist mir zu eitel“, sagte der Engel.
Und auch der Pfau musste gehen.

Danach kamen noch Hund und Katz, die Eule, eine Nachtigall und andere Tiere und priesen ihre Künste an, aber vergeblich. Der Engel schickte alle fort. Zuletzt sah der Engel Ochs und Esel draußen auf dem Feld stehen, beide im Geschirr, denn sie dienten einen Bauern. Der Engel rief sie herbei. „Und ihr beiden, ihr seid gar nicht gekommen. Was habt ihr anzubieten?“
„Nichts euer Gnaden“, sagte der Esel und klappte traurig seine Ohren herunter. „Ich habe nichts gelernt außer Demut und harte Arbeit“. „Ich habe auch nichts, was ich dem Christkind geben könnte“, warf der Ochse schüchtern ein. „Aber vielleicht könnte ich dem Kind wenig von meiner Wärme abgeben.“
„Dann seid Ihr die Rechten“, sagte der große Engel Gabriel. „Denn Wärme braucht das Kind, um gut zu wachsen. Und harte Arbeit muss es lernen“.
Seit jener Zeit wachen das Ochs und der Esel über das Christkind in dem Stall“

nach K.H. Waggerl

Sterneschneiden wenn es schneit

Zieh das Mützlein auf die Ohren,
nachts hat‘s Engelshauch gefroren,
und der Wind mir seiner Scher‘
schneidet Sterne, immer mehr.

Sterne dort und Sterne hier,
komm, wir kaufen Buntpapier,
und wir schneiden Sterne auch,
aber nicht aus Engelshauch,
weil wir ja nur Menschen sind.
Himmelsschnee schneit nur der Wind.

Christine Busta


* beim Sternen falten

 

Palme, Olive und Tanne

In der Nacht nach dem Heiligen Abend saßen die Hirten in der Nähe des Stalles von Bethlehem beieinander und erzählten sich, was sie erlebt hatten. Sie redeten von der schönen jungen Mutter und von dem Kind, das schon lächeln konnte.
Die Bäume, unter denen die Hirten saßen, hörten zu. Es waren ein Olivenbaum, eine Palme und eine Tanne. Als die Hirten gegangen waren, nickte der Olivenbaum mit seinen Wipfel hinüber zum Stall von Bethlehem und sagte: „ Ich werde der Mutter Öl schicken aus meinen Früchten, damit kann sie das Kind salben und pflegen.“
Die Palme rauschte leis mit ihren Blättern: „Von mir bekommt sie die schönsten Wedel. Mit denen kann sie die Fliegen verjagen, damit sie das Kind nicht im Schlafe stören.“
Die Tanne schwieg. Was hätte sie auch anbieten können, um das Kind zu erfreuen. Sie trug ja Nadeln, die waren hart und spitz. Vor Kummer liefen dem Baum dicke Harztränen aus der Rinde.

Das sahen die Engel, die um die Krippe mit dem Gotteskind schwebten. Sie brachten leuchtende Sterne und steckten sie der Tanne auf die Zweige. Wunderschön hob sich der Lichterbaum gegen den dunklen Nachthimmel ab. Der schlafende Jesusknabe erwachte und streckte ihm lächelnd die Arme entgegen.

Italienische Legende

 

Willkommen liebe Weihnachtnacht

Willkommen, liebe Weihnachtsnacht, nun ist‘s an der Zeit
Nun kehrt bei uns ein, denn wir sind bereit.
Die Krippe wartet mit Heu und Stroh,
die Kinder singen und sind so froh.

Am hohen Himmel wandert der Stern,
es kommen die Hirten, die Königsherrn.
Sankt Joseph zündet die Kerzen an,
die güldene Pforte ist aufgetan.

Der Weg war weit, es weht der Wind,
Maria sucht , wo sie Herberg find‘t, –
bald hält sie das göttliche Kind im Arm.
O Kind, dich aller Menschen erbarm!
Willkommen, liebe Weihnacht!

Volksgut

 

Weihnachten

Markt und Straßen stehn verlassen, still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh ich durch die Gassen, alles sieht so festlich aus.

An den Fenstern haben Frauen buntes Spielzeug fromm geschmückt.
Tausend Kindlein stehn und schauen, sind so wundervoll beglückt.

Und ich wandre aus den Mauern bis hinaus ins freie Feld,
Hehres Glänzen, heilges Schauern! Wie so weit und still die Welt!

Sterne hoch die Kreise schlingen, aus des Schnees Einsamkeit,
Steigts wie wunderbares Singen – O du gnadenreiche Zeit!

Joseph von Eichendorff, 1788 – 1857

 

Das silberne Glöckchen

Auf dem Christbaum hing zwischen langen, silbernen Fäden, goldenen Sternen und gelben Weihnachtskerzen ein kleines Glöckchen. Es war ein besonderes Glöckchen, denn am Osterfest hatte es an einem roten Seidenband den Hals des Lammes geziert. Sorgfältig war es aufbewahrt worden, und nun hing es also am Christbaum.
Aber das Glöckchen war nicht fröhlich. „Ganz oben hänge ich, zwischen den Ästen, wie soll ich da läuten, wenn niemand mich bewegt; und es kann mich niemand bewegen, denn nicht einmal die Großen werden mich erreichen. Von den Kindern ganz zu schweigen. Dabei habe ich eine so feine silberne Stimme. Wie gern hätte ich sie erklingen lassen dem Christkind zu Ehren.“ Ja, man kann verstehen, dass das Glöckchen traurig war, nicht war?

Aber in der Weihnachtszeit soll niemand traurig sein, nicht einmal eine kleine Silberglocke! Und was geschah: Als die Kerzen am Baum angezündet waren, da stieg die erwärmte Luft wie ein leichter Wind nach oben und berührte das Glöckchen. In dem sanften Hauch schwang es hin und her, als zöge eine unsichtbare Hand an einen unsichtbaren Faden, und silberhell ertönte seine Stimme durch Weihnachtszimmer.
Da freuten sich die Kleinen und auch die Großen, aber besonders freute sich das Glöckchen. Die ganze Weihnachtszeit hindurch läutete es nun von selber, wenn die Lichter am Baume brannten!

M. von Westphalen

Es flog ein Täublein weiße

Es flog Täublein weiße vom Himmel herab
in engelischem Kleide zu einer Jungfrau zart.

Gabriel:
O, Jungfrau sei gegrüßet,
mich schickt der Herre mein,
dein Seel soll hochgezieret,
dem Leib gesegnet sein.

Maria:
Nimm wahr, ich bin die Dienerin
des höchsten Herren mein.
Mir gescheh‘ nach deinen Worten,
du lichter Engel rein.

Es flog ein Täublein weiße
zum Himmel empor,
des Herren Lieb zu preisen
in aller Engel Chor.

*gesprochen ist es als schönes Fingerspiel mit drei Grundgesten zu gestalten:

Taube (Hand als Vögelchen fliegen lassen)
Gabriel (Hand auf Herz und dann sanft nach außen öffnen)
Maria (Kopf leicht neigen, Hände gefaltet auf der Brust)

 

Der Zwergenmarkt in der Weihnachtsnacht

In der heiligen Nacht findet jedes Jahr irgendwo in der Welt ein wundersamer Markt statt, jedes Jahr an einem anderen Ort. Dieser Markt dauert vom ersten Schlag der Mitternacht bis zum ersten Morgengottesdienst und er ist prächtig anzuschauen.
Wie kann man ihn denn finden? Das ist es eben! Man darf ihn nicht suchen. Nur der kommt zu diesem Markt, der gar nichts von ihm weiß und nicht auf seinen Vorteil bedacht ist!

Es trug sich einmal zu, dass drei junge Wanderburschen unterwegs waren und gerieten auf einmal auf einem einsamen Weg , der ihnen ganz unbekannt war.
„Wir haben uns verirrt“, dachten sie. Da hörten sie in der Ferne Kühe muhen, Schafe bähen, Pferde wiehern und Schweine grunzen, und dazwischen gab es Gegacker, Gepiepse und lautes Kikeriki. Die drei Burschen zogen dem Lärm nach und befanden sich plötzlich mitten in einem großen Markt, auf dem es lebhaft zuging.
Es gab lebendige Tiere dort zu kaufen. Aber auch Früchte, Wild, Eier, Geräuchertes, Gebratenes und Gebackenes jeder Art – was man sich nur denken konnte. Die Händler waren lauter Zwerge, nicht größer als kleine Kinder, aber mit uralten, faltigen Gesichtern und sie verlangten nur wenig Geld für die schöne Ware.
Die drei Wanderburschen suchten in ihren Taschen alle Münzen zusammen die sie besaßen. Dann kauften sie ein nach Herzenslust.

Plötzlich hörte man von einem Kirchturm in der Nähe die Glocken zum Morgengottesdient läuten. Mit einem Schlag war der ganze Markt verschwunden und die guten Dinge lösten sich in Nebel auf.
Verdutzt standen die Burschen da: Es war ihnen nur geblieben, was sie gerade in den Händen trugen: Der erste hielt ein schönes junges Lamm, der zweite einen großen runden Käse und der dritte einen Korb mit Früchten. Und als es hell wurde, sahen sie, dass ihnen die Weihnachtsnacht ein Wunder beschert hatte: Das Lamm, der Käse und die Früchte waren aus reinen Gold! So waren sie reich für ihr Leben und der Reichtum brachte ihnen auch Glück.

Seitdem haben sich viele Leute in der Heiligen Nacht auf den Weg gemacht um den Markt der Zwerge zu suchen. Aber gerade deswegen werden sie ihn niemals finden!

*bei uns steht immer in der Krippenlandschaft ein kleiner Zwerg. Er hat einen schönen Edelstein bei sich.

 

Der Nikolaus

Der Nikolaus kommt heut ins Haus,
steckt was in jeden Schuh:
Honigkuchen, Schokolade
und ein Segelschiff dazu!

Und vor das Haus tritt Nikolaus,
der Bote aus dem Himmel.
Komm herein, Schimmel fein!
Komm herbei, und kostet das Heu.
Nach langer Reise : keine Scheu.

Sankt Nikolaus steht im Zimmer.
Wie glänzen Kleid, Stab und Geschmeid!
Sein Auge freundlich blicket.
Und dann wird reich beglücket.

Sankt Nikolaus gibt nun dem Haus
zum Abschied seinen Segen.
Setzt fort die Winterreise.
Die Flocken fallen leise.

Max Peinkofer

 

Sankt Nikolaus und sein Knecht

Vor vielen Hundert Jahren hat ein frommer Bischof gelebt. Der hieß Nikolaus.
Er hatte alle Menschen lieb, besonders besorgt aber war er um die Kinder. Am Abend schlüpfte er in einen großen Mantel und zog die Kapuze über den Kopf, damit man ihn nicht erkannte, und dann ging er durch die Straßen der Stadt und schaute in die Häuser um zu sehen, ob man seine Hilfe brauchte.
Auf seinen Wegen fand er Gutes und Böses. In einem Haus saßen die Kinder froh und zufrieden um den Tisch und ließen sich eine einfache Suppe schmecken. Wo anderes aber waren sie unzufrieden und schlecht gelaunt, obgleich sie alles in Überfluss hatten. Manche Kinder saßen über ihren Hausaufgaben und plagten sich, dass sie ganz rote Wangen bekamen; andere wieder stritten miteinander und machten einen solchen Lärm, dass man es straßenweit hörte.
Dies alles und noch viel mehr sah der Bischof Nikolaus auf seinen Wanderungen durch die Stadt, und er merkte es sich genau.

Als dann die Adventszeit kam, da gab er seinem Knecht – er hieß Ruprecht und schaute grimmig drein, war aber herzensgut -, also da gab er dem Knecht Ruprecht den Antrag einzukaufen. Der nahm einen großen Sack und zog los. Als er zurück kam , da war der Sack so voll, dass Ruprecht ihn kaum schleppen konnte, – stark wir er war! Äpfel steckten drin und Nüsse, Lebkuchen, Bücher, allerlei Spielsachen – einfach alles, was Kindern Freude macht.
„So Ruprecht, und jetzt fülle kleine Säckchen damit!“ sprach Bischof Nikolaus.

In der Abenddämmerung zog dann Sankt Nikolaus sein Bischofsgewand an, setzte die Bischofsmütze auf uns nahm seine goldenen Stab in die Hand. Knecht Ruprecht dagegen steckte in einem dicken Lodenmantel, trug eine struppige Pelzmütze und hatte auf dem Buckel den großen Sack mit den vielen kleinen Säckchen darin, und eine tüchtige Rute schaute ihm aus der Mantellasche.
So gingen sie miteinander durch die Straßen, zu all den Häusern, an denen der Bischof Nikolaus vorbeigekommen war. Gab das eine Aufregung, wenn die Haustür aufsprang und der Knecht Ruprecht hereintrat! Der Bischof Nikolaus folgte ihm oder blieb auch vor der Tür stehen, – wie er es für gut fand.

Der gute Bischof Nikolaus selbst ist zwar schon lange im Himmel. Aber er hat viele Helfer auf Erden, und die kundschaften alles genau aus und erfüllen getreulich seinen Willen!

Nun , Ihr werdet es ja sehen – heute oder morgen!

Isabella Braun

Nikolaus , du heiliger Mann,
komm mit deinem Schimmel an.
Alles, was man wünschen kann:
Spielzeug, Kuchen, Marzipan
bring uns bitte mit!

 

Eine Vorweihnachtserzählung

Einige Zeit, bevor es Weihnachten werden sollte, ging die Mutter Maria durch den Himmel. Sie trug einen großen Korb in der Hand, der leer war, und es sah so aus, als müsste sie noch schnell etwas holen, denn ihr Schritt war eilig. Und richtig, Maria ging zu den Sternen und sprach zu Ihnen: „Ihr lieben Sterne, schenkt mir ein paar von euren feinen Strahlen, damit meinem Kind ein Hemdchen draus gewebt werden kann.“
Da schenkten ihr die Sterne die feinsten, weichsten und glitzerndsten Strahlen und Maria legte sie dankend in ihrem Korb.
Unter den großen Sternen war aber auch ein ganz kleines darunter, das war neugierig. Es wollte sehen, wohin die gute Mutter Maria gehen würde, und so schlüpfte es behende unter die Sternenfäden und versteckte sich darin.

Maria ging ihren Weg weiter zur Sonne und bat sie: „Liebe Sonne, webe mir aus den Sternenstrahlen ein Hemdchen für mein Kind. Es frieret sonst auf der Erde, wenn es kein Himmelskleid hat.“ „Das will ich gerne tun“ , sprach die Sonne und fing gleich an zu weben.
Sie webte und webte behende und behutsam ein wunderhübsches Hemdchen ganz aus einem Stück und ohne die kleinste Naht. Als der Mond ihr einmal zusah, da webte sie auch seine guten Wünsche hinein und es schimmerte silbern.

„Möge das Hemdchen aus Himmelslicht dem Kind auf der Erde Glück und Freude bringen“, dachte die Sonne und hifte die letzten Fäden aus dem Korb. Da war aber das kleine neugierige Sternchen darunter und – hast du‘s nicht gesehen – war es auch schon eingewebt im Hemdchen. „Ja, und nun kann ich dich nicht mehr herausholen“, sprach die Sonne, als sie den Unterschied bemerkte „Sonst hat das Hemdchen ja ein Loch! Wir wollen sehen, was die Mutter Maria dazu sagt“.

Als Maria nun kam und das kleine Hemdchen auseinander faltete, sah sie den kleinen Glitzerstern und sagte lächelnd: „Ach wie schön! So weiß mein Kind immer, wo vorne ist an seinem Hemdchen!“ Sie bedankte sich bei der Sonne und machte sich auf den Weg zur Erde.

Elisabeth Vietor

 

* „Der Stern im Brunnen“ gesammelt von Berta Hofberger ist Quelle dieser Sammlung (1966)

Sixtinische Madonna

Aus der Welt der Waldorfpädagogik : Sixtinische Madonna

Die Sixtinische Madonna befindet sich in jedem Waldorfkindergarten, in der Krippe, in der ersten Klasse der Schule und in den heilpädagogischen Waldorfeinrichtungen. Das Bild hat heilende Wirkung und ist einfach vollkommen in seinem künstlerischen Aufbau. Wir Waldorferzieher sollten so arbeiten, dass uns das Göttlich – Geistige jeden Tag in unserer Begegnung mit den Kindern (in unserem Tun) begleitet.

„Übe Geist erinnern“: und so ist die Sixtinische Madonna die Erinnerung an die geistige Heimat des Kindes. Es geht zurück auf die Empfehlung von Rudolf Steiner, dem Gründer der freien Waldorfschulen, und hat sich weltweit ausgebreitet.

Der Inkarnationsweg des Menschen vom Himmel zur Erde ist auf dem Gemälde trefflich ins Bild gebracht. Hinter der Mutter mit dem Kind sind schwebende Kinderköpfe zusehen. Der Vorhang trennt sie von der irdischen Welt.

Ich habe die Sixtinische Madonna 4 Mal in Original gesehen (Dresden) und die Wirkung kann ich für mich als „überwältigend“ bezeichnen.

Über diese Wirkung wurde viel geschrieben. Unten finden Sie eine Ausarbeitung von der Dr. med. Michaela Glöckler, die klare und wunderschöne Wort – Gebilde zu diesem Bild fand.

Viel Freude beim Lesen wünscht,
Aleksandra S. Muszer

 

Die Sixtinische Madonna als Leitbild der kindlichen Entwicklung
Gibt es Leitbilder der kindlichen Entwicklung, die uns helfen können, bestimmte Fragen aus der Praxis leichter zu beantworten?

Die Sixtinische Madonna erscheint mir ein grundlegendes Leitbild der kindlichen Entwicklung zu sein. Sie ist eine Art Ur-Madonna, wie nur Raffael sie malen konnte, von dem der deutsche Maler Dürer sagte, er habe in seinen Madonnenbildern „den Himmel auf die Erde gebracht“.

Dass sie weißhäutig ist, bedeutet nicht, dass sie nicht ebenso Urbild für farbige oder schwarze Menschen sein kann. Ich empfehle immer, dass man in farbigen Kindergärten eine farbige Madonna und daneben diese besondere Madonna von Raffael aufhängt, damit nicht das Missverständnis aufkommt, die weiße Madonna wäre „normaler” als die schwarze.

Die geistige Bedeutung der Farben
Weiß als Farbe drückt im geisteswissenschaftlichen Sinn „Gottesnähe” aus, schwarz hingegen ist Bild für das entkörperte, rein geistige Dasein in der geistigen Welt. Weiß bedeutet Gottesnähe auf Erden, Schwarz ist die esoterische Farbe des Todes, der Spiritualität. Weiß spricht vom Ideal der Reinigung der Seele auf Erden, Schwarz ist Sinnbild der Ewigkeit. Die menschlichen Hautfarben lassen sich zwischen diesen beiden Polen von inkarnierter und exkarnierter Geistigkeit einordnen.

Die Raffaelsche Madonna ist auch deshalb ein Archetyp im esoterischen Sinn, weil ihr Kind weder weiß noch schwarz ist, sondern in der Farbe des Inkarnats gemalt wurde, d.h. dem Weiß wurde etwas Schwarz und Rot beigemischt; in Schwarz und Rot wirkt die Spiritualität (der geistigen Welt) nach, gleichzeitig drückt sich aber im Weiß Erdzugewandtheit und Inkarnationswilligkeit aus. Das gilt auch für all die kleinen Kinderköpfchen ringsum. Dieses Madonnenbild ist esoterisch bedeutsam, weil unter spirituellen Aspekten jede Farbe und jede Form stimmt und das Kind so auf dem Arm der Mutter sitzt, dass es wie heraustritt aus dem Chor der ungeborenen, inkarnationswilligen Seelen. Das ist ein Umstand, der jedes kleine Kind als Aura umgibt: dass sich noch viele andere Kinder, viele andere Schicksale, im Umkreis befinden.

Ein Neugeborenes ist unendlich reich an Nachklängen aus der geistigen Welt, an ätherischen Bindungen und hierarchischen Gedanken, aber auch an Karma und Schicksalsbeziehungen. Das wird wunderbar durch die Engel und die männliche Gestalt ausgedrückt, die sich außer der Madonna und dem Kind noch auf dem Bild befinden. Das ist der Archetyp der esoterisch-exoterischen Komposition des Inkarnationsaugenblickes.

Wenn wir mit diesem Bild vor Augen an die Arbeit in unseren Kindertagesstätten gehen, können wir daraus die richtige Haltung und Kraft schöpfen, um das Kind in guter Weise auf seinem Weg zur Erde zu führen. Denn von diesem Bild geht eine starke, im besten Sinne erzieherische, in die Senkrechte bringende, haltende Kraft aus.

Dr. med. Michaela Glöckler
http://www.anthroposophie-lebensnah.de

Buchtipp

„Die Pflanzenmutter“ von Jakob Streich (23.09.1910 – 15.05.2009) Novalisverlag

Unsere Vorschulkinder bekommen dieses Buch jedes Jahr zu der „Blumenzeit“ vorgelesen.

Der einfühlsame Text erzählt, wie die Pflanzenmutter aus den Erdentiefen hoch steigt und all die Wesen weckt, die den Pflanzen die Lebenskräfte einhauchen. Die Geschichten wecken in den Kindern Liebe zur der Natur und erschließen ihnen den Zugang zu dem artistischen Denken.

Unser Puppenfest im Waldorfkindergarten

Einen besonderen Anlass brauchen wir in unserem Waldorfkindergarten nicht um das Puppenfest zu feiern: Die Puppen begleiten uns im Spielgeschehen und bei der Arbeit „jeden Tag“. Puppenkinder dürfen immer vorbei kommen: Sie sind für die Kinder, wie die Kindergartenkinder für uns sind.
Am Tag des Puppenfestes: Jedes Kindergartenkind bringt seine Waldorf-Puppe mit. Der Tagesrhythmus wird den kleinen Gästen angepasst. Mal dürfen die Puppen eine kleine Landpartie erleben. Ein anderes Mal schauen sie der Eurhythmie zu.

Vorbereitungen:
Am Tag zuvor sorgen wir dafür, dass unsere Kindergartenpuppen besonders auf das Fest vorbereitet werden. Und dazu gehören: Schöne Anziehsachen, Schühchen, ordentliche Frisur. Liebevolle Aufmerksamkeiten. So regen wir die Kinder an, sich dem eigenen Puppenkind zu Hause zuzuwenden (Vorbild). Die Puppen bekommen auch einen „Sonderplatz“. Sie sitzen im Hauptraum feierlich wartend. Ein großer Korb dient als Puppenwohnung für die am kommenden Tag zugereisten Gäste.

Am Vortag des Puppenfestes backen wir ein Blech Muffins, die die Kinder dann mit ihren Lieblingen verspeisen können. Und natürlich: Wir haben das Puppengeschirr für die kleinen Gäste.

So beginnt das Fest:
Am Tage des Festes begrüßen wir auch jede Puppe mit dem Handschlag. Im Begrüßungskreis singen wir die Gäste „rein“:
„Guten Morgen in diesem Haus. Also wünschen wir, also wünschen wir, einen schönen Guten Morgen allen Kindern in diesem Haus. (..–.. x3)“
Dann folgen die Tänze. Sie werden so ausgesucht, dass die Kinder und Puppen sie gemeinsam durchführen können. Nach den Tänzen picknicken wir.

„Die Mutti hat den Tisch gedeckt
und auch die Kerzen angesteckt,
der große Kuchen steht bereit,
die Mutti sagt: „Nun ist es Zeit“,

und dann setzt sie mit frohem Sinn
die wunderhübsche Puppe hin.
Nun wird die Tür weit aufgemacht,
Christinchen kommt herein und lacht,

sie sieht, was Mutti aufgebaut,
„die schöne Puppe“, ruft sie laut,
„genau so wünschte ich sie mir,
oh, Muttilein, ich danke dir!“
Ilse Kolmann Gümmer

Das wird gespielt:
„Es ist eine Puppe verschwunden, eine fehlet im Kreis, und wir wollen mal wissen, ob die / der ……. es weiß“
(Puppen liegen unter einem Tuch. Nacheinander holt nun jedes Kind die fremde Puppe vor und versucht zu raten, wem sie gehört. Wenn dreimal daneben getippt worden ist, darf sich der richtige Besitzer melden.)

„Freies Sprechen“ (freiwillig!)
was macht die Puppe zu Hause, wie heißt sie…

Spaziergang
Wir gehen spazieren: Wiesen und Felder, Wind und Sonne. Es gibt für die Puppenkinder viel zu sehen.


Bilderbücher

  • „Puppenreise um die Welt“ (altes Kinderbuch; Text ist gereimt)
  • „Die Puppe Mirabell „ von Astrid Lindgren

Die Idee ein Puppenfest in unserem Waldorfkindergarten zu feiern, äußerte einmal meine Kollegin Frau A. Maien (sie leitet momentan unsere Spielgruppe) und ich stellte das pädagogische Konzept dazu.
Dieses „Fest“ wird in unserem Kindergraten sehr intensiv gelebt.

Aleksandra S. Muszer

Waldorfpuppe

Waldorfpädagogik hat sehr viele Besonderheiten und sie hat einmalige „Sachen in die Welt gesetzt“. Dazu gehört der Begriff der Waldorfpuppe.
Schlicht gestaltet, aus natürlichen Materialien ist die Waldorfpuppe weltweit bekannt und geschätzt. Körper und Kopf sind bezogen mit fest verarbeitetem Baumwolltrikot. Ausgestopft sind die Puppen mit reiner Schafwolle. Für die Haare wird entweder Mohairwolle, oder glatte Wolle verwendet.
Hierzu einige Zitate vom Begründer der Waldorfbewegung Rudolf Steiner:
„Für das Kind ist die Puppe ein Gegenüber und kann je nach Alter und Entwicklung des Kindes anders aussehen. Sie darf nicht zu stark ausgestaltet sein, um die Phantasie des Kindes anzuregen.*
oder: „Das Kind verödet innerlich neben der schönen Puppe, weil da für seine Phantasie nichts übrig bleibt…“

Angesichts der Waldorfpädagogik lebt die Puppe mit dem Kind am besten, wenn sie eine neutrale Ausstrahlung hat, die Freiraum für die Fantasie des heranwachsenden Kindes lässt. Das Kind soll mittels seiner Vorstellungskraft selber entscheiden dürfen wie sich die Puppe fühlt und gebärdet. Die ursprüngliche Waldorfpuppe war sogar gesichtslos, um der kindlichen Fantasie noch mehr Freiraum zu lassen. Heute dürfen die Waldorfpuppen ein Gesicht haben, es sollte aber keinen Gemütszustand verdeutlichen.
Es gibt in Deutschland viele Puppenmacherinnen, die die Puppen nach Waldorfart nähen. Hohe Kunst zeichnet dieses Handwerk aus. Schauen Sie vorbei bei:

  • www. puppenhebamme.de ( Frau Tanja Dolores Schnidt)
  • www. rundumdiepuppe.de (Frau Christel Dubberke)
  • www. mariengold.de (Frau Maria Ribbek)

So geht es auch über die Puppe zu schreiben:

Die alte Puppe

Sie ist mir überhaupt nicht schnuppe
meine kleine alte Puppe.
Was hat sie mir doch beigebracht
mit mir geweint und auch gelacht.
Die Puppe war wie Puppen sind
oft Seelentröster als ich noch Kind.
Sie war bei mir bei Tag und Nacht
Wir haben manches Spiel gemacht.
Gekämmt, gebadet und im Puppenwagen
Sie wurd´ von mir auf dem Arm getragen.
Sie gehörte mit zu meinem Leben
Ich hatte ihr mein Herz gegeben.
Im schicken Kleid ging ich mit ihr raus
fuhr sie im Puppenwagen aus.
Traf manche Puppenmutter stets
als ich so fröhlich unterwegs.
Noch heute denk ich gern zurück
an mein kleines Puppenglück
Angie

Ein Bericht aus dem Leben:
Liebe Jana,
meine Homöopathin hat in ihrem Büro einen großen Schreibtisch stehen, mit ich glaube 2 Stühlen für die Patienten und auf der anderen Seite einen für sich. Dann steht da noch ein Stuhl etwas daneben, quer dazu, unter einem Fenster, diesen Stuhl sieht man als aller erstes, wenn man das Büro betritt. Auf diesem sehr großen schwarzen Stuhl sitzt eine kleine Puppe in intensiv blauen Puppenkleidern. Ich hab sie leider nie gefragt, ob das ihre eigene Puppe ist, die sie als Kind hatte. Aber ich habe mich immer über diese Puppe gefreut; hab sie jedes Mal angelächelt, wenn ich rein kam. Die Puppe ist schon recht alt und sieht so aus, als ob sie sehr geliebt wurde/wird. Sie ist im übrigen Homöopathin für Frauenkrankheiten und arbeitet auch sehr viel mit Kinderwunschpatientinnen. Ich denke sie hat die Puppe ganz bewusst da hingesetzt. 🙂
www.frauenworte.de

Mein Leben mit Puppen
Als ich ein kleines Mädchen war, besaß ich eine einzige Puppe – ein Schildkröt-Puppenkind. Sie hatte unter dem Weihnachtsbaum gesessen, als ich mit zweieinhalb Jahren gerade durch´s Schlüsselloch gucken konnte. Sie war ein Geschenk meines Großvaters, der mich liebevoll „Brittchen“ nannte. Mit diesem Geschenk grub er sich für alle Zeiten in mein Kinderherz ein. Ich nannte mein Puppenkind „Ruth“ und schenkte ihr meine ganze Liebe.
Ruth begleitete mich durch meine gesamte Kindheit – und viele schöne Erinnerungen verbinden mich mit ihr. Zu jedem Weihnachtsfest bekam Ruth ein neues Kleid und an meinem Geburtstag saß sie mit einem Geschenk im Arm mitten auf dem Geburtstagstisch. Auch während der Teenagerzeit verbannte ich mein geliebtes Puppenkind nicht auf den Dachboden oder in einen Karton – Ruth saß als „stiller Zuschauer“ inmitten von Postern meiner Lieblings-Stars und nahm auch Anteil an meiner ersten Liebe.
Brigitte Lehman ist Puppenmacherin

Eine Kindergeschichte
Geliebte Puppen
Was gibt es für kleine Mädchen Schöneres und Wichtigeres als eine Puppe. Die Puppe ist lebendig, sie kann zuhören, sie kann trösten, sie kann zärtlich blicken, sie braucht Liebe und Zuwendung.Und hat eine Puppenmama erst einmal ihren Liebling ins Herz geschlossen, dann bleibt diese Liebe für immer und ewig.
Meine Freundin Karin schilderte, wie sie sich von ihrer Puppe Lilli Marlen trennen musste. Ja, sie hieß Lilli Marlen nach dem bewussten Lied, das zu unserer Zeit oft im Radio gespielt wurde. Lilli Marlen musste mit auf die Flucht. Von Wusterwitz in Pommern ging es zu Fuß im Winter 1944 weg. Karin war gerade 6 Jahre alt, sie hatte einen Tornister auf dem Rücken und ihre Puppe im Arm. Allmählich ließen ihre Kräfte nach. Sie konnte bald nicht mehr mithalten mit den Erwachsenen und ihre Mutter wusste keinen anderen Rat und sagte: „Schmeiß die Puppe in den Graben, dann kannst du leichter gehen.“
Aber das konnte und konnte Karin nicht übers Herz bringen. Sie presste die Puppe an sich und immer weiter lief sie mit der Puppe im Arm. Irgendwann dann konnte sie selbst nicht mehr. Sie setzte ihre Lilli Marlen an einen Baum am Straßenrand, deckte sie mit einem Taschentuch zu und flüsterte ihr zu: „Schlaf schön.“ Dann musste sie weiter….
Diese Puppe am Baum hat Karin nie vergessen.
Als sie dann in ihrem neuen Wohnort sesshaft wurden, hatte sie keine Puppe und doch immer Sehnsucht nach ihr. Ihre Mutter nähte in einem Haus. Dort durfte sie mit einer Puppe spielen, die dort auf dem Sofa saß. Immer freute sie sich, wenn die Mutter bei diesem Bauern wieder was zu nähen hatte. Und die Bäuerin bemerkte die große Liebe zwischen der Puppe und der kleinen Karin. Karins Mutter auch. Wie groß war Karins Freude, als sie zu Weihnachten genau dies Püppchen geschenkt bekam. Ihre Mutter hatte von dem erarbeiteten Geld als Näherin der Bäuerin die Puppe abgekauft.
Forum Danzig , Christa

Zum Tanze

Kettenspiel für die Kinder

„Dreimal um das Gässchen, ich weiß nicht wer da floh.
Das war ein schönes Mädchen, und es sprach so:
Komm du liebes Kindelein, fass mich doch am Schleier.
Und wenn der Schleier reisen soll, da falln wir alle um.“

Spielweise:
Ein Kind geht von außen um den Kreis und ruft ein anderes Kind. Das Kind hängt sich am Kleidersaum des Führkindes an und sie wandern um den Kreis herum.
In dieser Weise wird weiter gespielt, bis der Kreis aufgelöst ist und der Schleier fertig ist.
Zum Schluss fallen alle um!

Volksgut aus „Schöne alte Singspiele“ Reprint von 1922, Gondrom Verlag

 

Kniereitervers

Troß, troß trill!
Der Bauer hat ein Füllen.
Das Füllen will nicht laufen,
der Bauer will’s verkaufen.
Das Füllen läuft im Trab
und wirft den Reiter ab“

Achim von Arnim und Clemens Brentano (1781 – 1831) „Des Knaben Wunderhorn“
https://www.volksliederarchiv.de

Im Jahresgarten

Löwenzahn

Lichtlein auf der Wiese blas‘ ich alle aus,
und es fliegen Sternchen in die Welt hinaus,
schweben in der Sonne, schweben auf und nieder.
Nächstes Jahr zur Frühlingszeit, gibt es neue Lichtlein wieder.
Elise Vogel (1883-1952)
Aus dem „Kalendarium für Landleut“

 

Gänseblümchen

Gänseblümchen in dem Garten
können kaum die Zeit erwarten,
bis der Winter ist vorbei
und vom Schnee der Rasen frei.

Strecken ihre roten Näschen
halb erfroren durch die Gräschen.
Liebe Blümchen, lasst euch sagen:
nachts tut um die Spitzenkragen!
Autor unbekannt

Unsere Kinder lieben das Gänseblümlein sehr und flechten daraus schöne Kränze, und schmücken gerne mit ihnen ihre Köpchen. Außerdem, dem Vorksmund nach: Bei Kindern stoppt das Gänseblümchen als Wiesenpflaster alle Tränen.

 

Veilchen

Das Eis zergeht, der Schnee zerrinnt,
dann grünt es über ein Weilchen;
und leise singt der laue Wind:
Wacht auf, wacht auf, ihr Veilchen!
Emanuel Geibel (1815-1884)
Digitale Sammlung Ernst Giger

Ein Spiel – Wo die Blüten fröhlich tanzen

Viele Bäume stehen im Kreise.
Der Wind bewegt sie leise, ganz leise.
Dann kommt der Wind daher geflogen,
der hat die Bäume ganz sacht gebogen.
Sturmwind knickt auch die Bäume um,
die Blüten tanzen im Kreis herum…
Und ist der Sturmwind wieder fort,
stehen die Bäume am selben Ort!

Mit nachahmenden Bewegungen; sehr gut geeignet als „Willensübung“.
Wo die Blüten fröhlich tanzen, keiner darf den anderen anstoßen. Und dann plötzliches Stillstehen und Schweigen. Schön bei den Gartenfesten durchzuführen.

Das Freispiel

Pädagogisch wertvolles zum FREISPIEL

Das kleine Kind bringt eine Fülle geistiger Wahrnehmungen mit, die aber immer mehr von den irdischen überdeckt werden. Damit es nicht zu schnell und zu jäh geschieht, benötigt es ausgedehnte Zeiten des Spielens.
Ein Spiel ist in sich Wert genug. Es fragt nicht nach dem Nutzen außer sich selbst. Bei uns, im Waldorfkindergraten, ist es das Freispiel, das einen besonderen Stellenwert hat.
Ich suchte lange nach einer, für mich, inspirierender und schlüssiger Schilderung des Freispiels im Waldorfkindergraten; wo ich selber finde. Und ich fand: Es ist ein Artikel von Frau Marie -Luise Compani. Ich begegnete ihr auch persönlich während meiner Schulung zur Sprach – Entwicklungsbegleiterin.
Diese Beschreibung des Freispiels gebe ich hier mit der Erlaubnis der Autorin weiter. Viel Freude bei dem Lesen wünscht Ihnen Aleksa Muszer.

Das Freispiel im Kindergarten – ein wirklich freies Spiel?
Von Marie-Luise Compani

Erziehungskunst 4/2006

Das freie Spiel hat im Alltag des Waldorfkindergartens eine besonders herausgehobene Stellung. Die Pädagogen messen ihm zu Recht große Bedeutung zu, und der Ablauf des Tages gliedert sich um das freie Spiel drinnen wie draußen im Garten.
Das tiefste Bedürfnis eines Kindes ist zu spielen. Anfangs ist der Säugling und das Kleinkind sich selbst genug. Vom Kopf ausgehend bis hinunter zu den Füßen erobert sich der Säugling spielend seinen Körper. Sobald er in die Aufrechte kommt, beginnen »Guck-guck-da«- und »Wegwerf«-Spiele. Diese Spiele scheinen auf den ersten Blick sinnlos, sind aber im eminentesten Sinne organbildende Spiele. Das Kind trainiert die Augenlinsen auf nah und fern einzustellen; es trainiert, das Gleichgewicht zu finden.
Bis zum siebten Lebensjahr können so alle Spielaktivitäten des Kindes unter dem Gesichtspunkt der Organbildung betrachtet und verstanden werden. Der Menschenleib hat eine Aufgabe an sich zu verrichten, die wesentlich verschieden von den Aufgaben aller anderen Lebensepochen ist, da die physischen Organe in dieser Zeit sich in gewisse Formen bringen müssen.
Kinder, die heute in die Kindergruppen kommen, haben das dritte Lebensjahr erreicht und befinden sich von ihrer Entwicklung häufig noch in einer Spielphase, in der Material einfach ausgeschüttet, auf- und angehäuft wird, um dann zum nächsten Spielkorb zu gehen und das gleiche Spiel zu wiederholen.
Diese »jungen Kinder« gewähren zu lassen, erfordert viel Geduld und ein ständiges Aufräumen und Einsammeln des Spielmaterials.
Ich erlebte einmal zwei Kinder, die über einen langen Zeitraum immer das Gleiche spielten. Gleich nachdem sie frühmorgens ankamen, ergriffen sie die Gelegenheit zum Spielen. Sie holten alle Körbe mit den Spielmaterialien, um auf die Reise zu gehen. Dazu musste ja alles in den »Kofferraum« gepackt werden. Also wurden die Körbe in den »Kofferraum« geleert und los ging die Fahrt mit dem Auto. Am Ziel angekommen, konnten wir auspacken und das Material in die Körbe zurücklegen, damit es wieder für alle Kinder zugänglich war.
Es kostete mich und meine Mitarbeiterin einige Geduld, dieser Phase gelassen und ruhig zuzusehen und nicht beiden Kindern unsere Vorstellungen und Ideen eines Spiels aufzudrücken.
Als diese Phase des Materialhäufens abgeschlossen war, konnten beide Kinder unter den Spielmaterialien gezielt auswählen, brauchten nicht mehr alles zu sammeln, begannen zu teilen und sich am Spiel anderer Kinder zu beteiligen.

Die nächste Spielphase ist das phantasievolle Spielen. Alles ist jetzt möglich und für die Kinder Realität. Ob es sich nun um einen Taucher im Meer handelt oder ein wildes Tier, welches aus dem Zoo ausgerissen ist und alles auf den Kopf stellt. Das Spiel springt noch von einem zum nächsten Thema und ist situationsabhängig. So zieht sich gleichsam eine »Spielspur« der benutzten Materialien durch die Gruppe. Die Kinder zum Aufräumen ihrer Sachen aufzufordern, würde sie nur aus ihrem Tun heraus reißen. So ordne ich die Dinge ein wenig, damit die Materialien anderen Kindern zu Verfügung stehen und ein neues Spiel sich entwickeln kann.

Mit dem Ende des fünften Lebensjahres kommt die »berühmte Langeweile« der Vorschulkinder auf. Sie kommen lustlos morgens in den Kindergarten, sitzen gelangweilt herum. Sie können nicht mehr unmittelbar in das Spiel der anderen Kinder eintauchen, kritisieren viel und finden alles »blöd«. Das Kind erlebt das erste Mal eine Konfrontation mit sich selbst, im Gegensatz zu der Trotzphase um das dritte Lebensjahr, in der sich das Kind an seiner Umwelt stoßen muss. Nicht Ablenkung und Beschäftigung sind das richtige Mittel für das Kind, sondern nun gilt es, diese Situation auszuhalten und abzuwarten, bis das Kind aus sich heraus wieder aktiv wird.

Nach dieser Phase, die sich oft auch mit dem Zahnwechsel und dem Gestaltwandel des Kindes ankündigt, beginnt ein intensives Rollenspiel. Morgens kommt das Kind mit konkreten Spielvorstellungen in die Gruppe, verteilt die Rollen, inszeniert und leitet das gesamte Spiel. Nun äußert sich das Kind folgendermaßen: »Wir tun heute so, als ob wir Vater und Mutter sind, auf der Terrasse sitzen und dann kommt der Räuber …« Es könnte sich die Frage stellen, warum wir die Kinder nicht zum Spielen anleiten wollen. Ein häufig zu hörendes Argument für die Anleitung ist, die Kinder können nicht mehr spielen. Die Erzieher müssen sie anleiten, damit sich ein »vernünftiges« Spiel entwickeln kann. »Nun, spiel’ doch mal richtig«, ist dann eine häufige Redewendung.
Eine andere praktizierte Methode ist jene, dass die Erzieherin mit in das Spiel geht. Die Häuser werden nach vorgeschriebener Weise gebaut und Besuche von Haus zu Haus gemacht. Die Erzieherin begibt sich in die Rolle der Kinder und inszeniert von dieser Ebene aus das Spiel. Doch hat der Erwachsene die Berechtigung, derart in das Spiel der Kinder einzugreifen, ihren Freiraum zu beschränken und sie sozusagen zu »bespielen.«?

Das Spiel der Kinder ist nicht zweckorientiert. Es spielt immer das, was ihm entgegen kommt. Es greift Themen aus seiner unmittelbaren Umgebung, seiner Familie auf und spielt Erlebnisse, Geschichten, Bilder usw. nach. Haben die Kinder morgens auf dem Weg zum Kindergarten einen Unfall erlebt, so wird dieses Erlebnis unmittelbar im Spiel ver- und aufgearbeitet. Und das ist ja auch gut so!

Die Aufgabe des Erziehers
Sollten wir nicht in der Rolle des Erziehers das Kind zu einem wirklich freien Spiel anregen, statt das freie Element im Spiel zu unterdrücken aus Sorge, die Kinder könnten uns im Freispiel entgleiten?
Worin aber kann die Aufgabe des Erziehers liegen? Wie kann ein freies Spiel entstehen und auch begleitet werden?
Zunächst sind erst einmal die äußeren Bedingungen für ein Spiel zu schaffen. Das heißt, es muss ausreichend Raum zur Verfügung stehen und Rückzugsecken vorhanden sein. Die Spielmaterialien sollten multifunktionell sein, also Spielständer, Tücher, Bänder, Sandsäcke, Kissen, Bauhölzer usw. Außerdem muss im Tagesablauf dem freien Spiel ausreichend Zeit gegeben werden. Denn unter Zeitdruck lässt sich nicht spielen. Kaum sind die Kinder im Spiel, werden sie schon wieder herausgerissen. Umgekehrt verhält es sich mit einem in die Länge gezogenen Spiel, das verliert Spannung, und die Aufgabe des Erziehers liegt darin, den richtigen Moment des Aufräumens abzuspüren. Dieser ergibt sich aus der Tätigkeit des Erwachsenen, der im Hintergrund das Spiel begleitet. Seine Aufgabe liegt nicht darin, sich permanent in das Spiel einzumischen, sondern seiner Tätigkeit mit Ernsthaftigkeit nachzugehen, diese mit Lust und Freude zu erfüllen, um hieraus die rechte Atmosphäre und Stimmung zum Spiel entstehen zu lassen. So gilt es nicht irgendeiner Beschäftigung nachzugehen, sondern als Erzieher soll ich mit Leib und Seele bei meiner Tätigkeit sein. Je freudiger ich beim Putzen, Bügeln, Kuchenbacken und der Gartenarbeit bin, desto ausgeglichener und intensiver können die Kinder spielen. Je stärker wir uns mit einer sinnvollen Tätigkeit verbinden, sei sie noch so einfach und alltäglich, wirken wir als Vorbild auf die Kinder.
Das bedeutet aber nicht, dass ich selbstvergessen meiner Arbeit nachgehe und nicht wahrnehme, was um mich herum geschieht. Gleichsam wie mit unsichtbaren Fühlern muss ich das Spiel aus dem Hintergrund begleiten und lauschen, was mir von den Kindern entgegenkommt. So ist es nicht nur spannend, sondern auch aufschlussreich in der täglichen Nachbesprechung mit den Mitarbeitern auf das morgendliche Spiel zu sehen und dessen Entwicklung im Bewusstsein zu haben.
Ebenso wie die Zeit einen Rahmen gibt, leben ja in jeder Gruppe bestimmte Regeln und Gewohnheiten, die den Kindern soziales Lernen ermöglichen. So ist es durchaus sinnvoll zu fragen, ob ich mitspielen darf oder ob ich mir diesen oder jenen Gegenstand ausleihen darf, wenn er gerade bei anderen in Gebrauch ist. Nicht alle Meinungsverschiedenheiten klären sich unter den Kindern friedlich. Sie müssen verhandeln, streiten und aus Zorn manchmal weinen. So sehr solche Situationen verleiten können, schnell einzugreifen, so sehr gilt es auszuhalten und abzuwarten, ob es den Kindern gelingt, die Streitigkeit unter sich aufzulösen. Gelingt uns all dies, bereiten wir für die Kinder eine Atmosphäre, die es ihnen erlaubt, aus ihren ureigensten Impulsen in einem freien Spiel tätig zu werden.

Zur Autorin:
Marie-Luise Compani, Jahrgang 1954, drei Kinder, Ausbildung zur Krankenschwester, Waldorferzieherin, war Dozentin am Waldorfkindergartenseminar in Stuttgart, Kontaktstudium Führung an der Universität Karlsruhe, Geschäftsführung einer Krippe in Hessen

Steiner, Rudolf: Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft, GA 34,

Lucifer-Gnosis, S. 309 ff. »Zu ihr gehört nicht etwa, was materiell um das Kind herum vorgeht, sondern alles, was sich in des Kindes Umgebung abspielt, was von seinen Sinnen wahrgenommen werden kann, was vom physischen Raum auf seine Geisteskräfte wirken kann.«, in: GA 34, Lucifer-Gnosis, S. 324

Pädagogisch Wertvolles für die Erziehungspraxis

Weben

Wussten Sie schon, dass die Hände bildend auf das Denken wirken? Dass die Fingerfertigkeit und elastisches Denken zusammen hängen?
Wir kennen heute noch die Redensart „du spinnst ja“. Zu jemanden, der phantasiereich erzählt und spricht. Wenn der Redefluss stockt, sagt man auch: „ ich habe den Faden verloren“. Der „Rote Faden“ zeigt wiederum von folgerichtigem Zusammenhang.

Bei uns weben die Kinder. Der Webrahmen wird bespannt; es wird „eine Farbe gewebt“, „ein Faden gezogen“. Die Farben suchen sich die Kinder selbst aus. Sie lernen, die Wolle in das Webschifflein einzufädeln und arbeiten nach kurzer Zeit selbständig. Wir legen Wert darauf, dass die Kinder einander helfen, wenn es Probleme gibt.

Das rhythmische Zusammenspiel von Augen und Händen bei der Arbeit, wirkt beim Weben beruhigend und harmonisierend. Die motorischen Fähigkeiten und das Selbstwertgefühl werden gefördert.
Die Entwicklung des Denkens beim Kind, wird unterstützt und es wächst aus der handgreiflichen Tätigkeit. Ein handelndes Hineinarbeiten in die Zusammenhänge und Eigenschaften der dinglichen Welt ist Grundlage dieser Welterfahrung. Weben als Urform des Handwerkens vermitteln diesbezüglich Basiserlebnisse von Verknüpfung, Verwobenheit, Vernetzung, Verflechtung…So ist die Welt.

Gerade durch das Weben (und auch Kordeln) gewinnt das Kind das notwendige Fingerspitzengefühl. Das Erleben, dass die eine Hand der anderen feinfühlend zuarbeiten muss, damit das Fadenwerk gelingt.
Also ist das Weben nicht nur eine heilsame Beschäftigung, sondern es ist für das lebendige, bewegliche Denken wichtig. Damit die Kinder später „den roten Faden nicht verlieren“.

A.Muszer

 

Tischsprüche

Erde, die uns dies gebracht,
Sonne die es reif gemacht:
Liebe Sonne, liebe Erde,
Euer nie vergessen werde.
Christian Morgenstern (1871 – 1914)

 

Das Brot ernährt dich nicht:
Was dich im Brote speist,
Ist Gottes ew’ges Wort,
Ist Leben und ist Geist.
Angelus Silesius (1624 – 1677)

 

Bei jedem Bissen Brot
denk an der Sonne Rot
die Korn auf Körner hat erwärmt
und wachsen ließ aus Liebe.
Bei jedem Bissen Brot
denk an des Bruders Not,
der einsam sich am Hunger härmt
O du, den Gottes Segen wärmt –
geh, gib ihm – Brot und Liebe!
Herbert Hahn (1890 – 1970) Waldorflehrer

Pfingsten

Pfingstfest im Kindergarten

Wo Sinneswissen endet / Da stehet erst die Pforte,
Die Lebenswirklichkeiten / Dem Seelensein eröffnet;
Den Schlüssel schafft die Seele / Wenn sie in sich erstärket
Im Kampf, den Weltenmächte / Auf ihrem eignen Grunde
Mit Menschenkräften führen; / Wenn sie durch sich vertreibt
Den Schlaf, der Wissenskräfte / An ihrem Sinnesgrenzen mit Geistesnacht umhüllet.

Pfingstspruch von Rudolf Steiner

 

Frohe Botschaft

Lass nur zu deines Herzens Toren
Der Pfingsten vollen Segen ein.

Getrost, und du wirst neugeboren.
Aus Geist und Feuerflammen sein.“

Emanuel Geibel (1815-1884)

Erzähl mir ein Märchen

„Die Mythen und Märchen gehen so in dieser Weise der Menschheitsevolution verloren, aber die Kinder sollte man nicht so aufwachsen lassen. Es ist ein großer Unterschied, ob man das Kind mit oder ohne Märchen aufwachsen lässt. Die die Seele beschwingende Kraft der Märchenbilder tritt erst später hervor. In einem Lebensüberdruss zeigt es sich später, wenn nicht Märchen gegeben wurden, in einer Langeweile. Ja sogar ühysisch kommt es zum Ausdruck, auch gegen Krankheiten können Märchen helfen. Was durch die Märchen hineingeträufelt wird, dass kommt als Lebensfroheit, Lebenssinn später heraus, kommt als Möglichkeit, mit dem Leben fertig zu werden, noch im spätesten Alter zum Vorschein. Es müssen die Kinder in ihrer Jugend, wo sie sie noch erleben können, erleben die Kraft des Märcheninhaltes. Wer nicht vermag mit Vorstellungen zu leben, die für den physischen Plan keine Wirklichkeit haben, der stirbt für die geistige Welt. Und viele Philosophien, die sich nur stützen wollen auf den physischen Plan, sind Sterbemittel für die Seele. Aus der äußeren Evolution werden die Sterbemittel für die geistige Welt. Die Menschheit muss kommen zu einem Urteil, dass nicht gestützt ist auf Äußeres, sondern in sich selbst sich stützt. Immer mehr muss sie kommen zu dem: Ich glaube, was ich weiß.“
Rudolf Steiner in GA 154, S. 129

 

Das Mädchen und die Fee

Schweiz
Im Oberried wohnten arme Leute. Der Vater war an der Arbeit, und die Mutter befahl ihrem achtjährigen Mädchen, die Hebamme zu holen. Es machte sich sogleich auf, und unterwegs begegnete ihm eine Frau. Sie fragte das Mädchen, wohin es gehen wolle, und da es erwiderte, es müsse eiligst die Hebamme holen, erklärte sie: „Ich bin’s.“ So kehrten sie zusammen heim, und sie hat ihre Sache recht gemacht. Als sie sich verabschiedete, nahm sie das Mädchen bei der Hand und nötigte es, sie zu begleiten. Zusammen stiegen sie das Oberlaubhorn hinauf.
Da öffnete sich ein Tor. Sie gingen hinein, und an den Wänden hingen große Goldklumpen. Da legte die Frau dem Mädchen Kohlen in die Schürze und verschwand.
Es bekam Angst und eilte hastig dem Ausgange zu. Doch unterwegs verlor es die Kohlen, und eine unsichtbare Hand hob sie immer wieder auf und legte sie in seine Schürze.
Eine Stimme rief ihm nach: „Je mehr du zatterst, wie minder du hattest.“
Auf das Geheiß der Mutter legte es daheim die Kohlen in den Keller, und als es sie da noch einmal vom Boden aufhob, waren sie pures Gold.

Aus: Küffer, G. Sagen aus dem Obersimmental (Lenk), Archiv für Volkskunde Bd. 17, 1913

 

Von den drei goldenen Schlüsseln

D. Jecklin

Drei arme Brüder gingen hinaus in die weite Welt um Schätze zu suchen und trennten sich vor den Toren der Stadt. Der Älteste gelangte in ein ödes Gebirge, wo er eine Fee fand, die ihn in ihren Dienst nahm. Diese bewohnte ein marmornes Schloß auf granitenem Grunde.
Als ein Jahr vergangen, sagte die Fee zum ältesten der drei Brüder: „Ich muss fort und komme eine lange Zeit nicht. Inzwischen aber bist du der Hüter meines Schlosses und dir übergebe ich die drei goldenen Schlüssel zu den drei verschlossenen Zimmern. Das Zimmer rechts und das Zimmer links darfst du öffnen, nicht aber so dir dein Leben lieb ist, das Zimmer in der Mitte, in welchem alle Herrlichkeiten der Welt liegen.“ Sprach’s und verschwand. Und der junge Mann öffnete die Türe links und erschaute des roten Goldes die Fülle. Dann öffnete er die Türe zum Zimmer rechts und wich zurück, geblendet von smaragdenem Glanze. Vor der Türe in der Mitte aber blieb er bebend stehen, den Kampf kämpfend zwischen Pflicht und Neugierde. Die letztere siegte; er öffnete das Tor und ihn umblitzte in unbescheiblicher Pracht alle Herrlichkeit der Welt. Kaum aber hatte sein Auge gesehen, was zu sehen dem Menschen nicht vergönnt, da fühlte er seine Glieder erlahmen und erkalten und er verwandelte sich in einen schwarzen Marmorstein.
Nach Jahr und Tag kam der zweite Bruder des Weges gegangen, trat ebenfalls in den Dienst der Fee, erhielt die drei goldenen Schlüssel, ließ sich aber auch von der Neugierde verleiten, öffnete das mittlere Tor und ward zu einem grünen Marmorstein. Zuletzt erschien der jüngste Bruder im Schlosse und nahm, wie seine Vorgänger, Dienst bei der Fee, erfüllte aber alle Bedingungen, öffnete die Türe links, öffnete die Türe rechts und ließ das Tor in der Mitte verschlossen. Da stund die gütige, anmutstrahlende Fee vor ihm, legte die Hand auf sein Haupt und vor ihm erschloss sich in blendendem Schimmer die Herrlichkeit der Welt. Die Fee berührte dann den schwarzen und grünen Marmorstein mit einer Rute, gab den verzauberten Brüdern ihre frühere Gestalt wieder und hieß die drei sich mit Schätzen beladen und gehen. Das taten die Brüder und gingen dankend von dannen. Als sie aber das Antlitz zurückwendeten, war vom Schlosse nichts mehr zu sehen und wo sich die stolzen Hallen aufgetan, stund eine schwarze Felsenwand.

Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Surrhein bei Somvix erzählt

 

„Und weil das Märchen so mit dem Innersten der Seele zusammenhängt, mit dem, was so tief mit dem Innersten der Menschenseele zusammenhangend ist, deshalb ist das Märchen gerade diejenige Form der Darstellung, die für das kindliche Gemüt am angemessensten ist. Denn man darf vom Märchen sagen, es habe es dahin gebracht, das Allertiefste im geistigen Leben in der allereinfachsten Weise zum Ausdruck zu bringen. Man empfindet eigentlich nach und nach, dass es in allem bewussten künstlerischen Leben keine so große Kunst gibt als die Kunst, die den Weg vollendet von den unverstandenen Tiefendes Seelenlebens zu den reizvollen, oftmal spielerischen Bildern des Märchens…

Daher tun wir, dem Kinde für die Seele keine größere Wohltat, als wenn wir auf seine Seele wirken lassen, was so Menschen-Wurzeln mit Daseins-Wurzeln zusammenbringt. Weil das Kind noch an der eigenen Gestaltung schöpferisch tätig sein muss, weil es noch die gestaltenden Kräfte selbst für sein Wachstum, für die Entfaltung aller seiner Anlagen hervorbringen muss, deshalb empfindet es so wunderbare Nahrung für seine Seele in den Bildern des Märchens, in denen es wurzelhaft mit dem Dasein zusammenhängt. Und weil der Mensch, selbst wenn er sich dem rationalistisch- Verstandesmäßigen hingibt, doch nie von des Daseins Wurzeln losgerissen werden kann, und weil er, wenn er gerade am meisten dem Leben hingeben sein muss, am intimsten mit des Daseins Wurzeln zusammenhängt, deshalb kehrt er, wenn er nur gesunden, geradsinnigen Gemütes ist, in jedem Lebensalter freudig zum Märchen zurück. Denn es gibt kein Lebensalter, es gibt keine menschliche Lage, die uns demjenigen entfremden könnte, was aus dem Märchen strömt, weil wir aufhören müssten mit dem Tiefsten, was mit der Menschennatur zusammenhängt, wenn wir keinen Sinn mehr für das hätten, was sich von diesem Sinn der Menschennatur, der so unverständlich ist für den Verstand, ausdrückt in den selbstverständlichen Märchen und in der selbstverständlichen, einfachen, primitiven Märchenstimmung.“

Rudolf Steiner aus GA62, S. 349

Mutter und Kind – Verse rund um das neue Leben

Wenn ein Geschwisterchen ankommt

Geht leise –
Es ist müd von der Reise!
Es kommt von weit her:
Vom Himmel übers Meer,
vom Meer den dunklen Weg ins Land,
bis es die kleine Wiege fand. –
Geht leise!
Paula Dehmel (1862 – 1918)

 

Für werdende Mütter

Von den Höhen wirkendes Geistgestirn
In dem Umkreis schaffende Sonnenmacht

Aus den Tiefen strebende Gottgewalt
Schenken dem Menschenkeime
Segnend, heilend, belebend
Des Leibes Tempelbau.

Aus frei waltendem Geisteslicht
In Liebe spendender Seelenkraft
Durch Treue geheiligten Opferwillen
Schafft der Mensch dem Menschenkinde
Des Leibes Nahrung
Der Seele Werden
Die Erdenzukunft dem Göttergeschöpf.

Welten opfern
Geister segnen
Ich-Wille wirket
Heil dem Geist-gesegneten
Wort-belebten
Gott-geborenen
Menschensohn.
Rudolf Steiner aus GA 40 Wahrspruchworte

 

Für die Mutter –

vor der Geburt

Und des Kindes Seele,
Sie sei mir gegeben
Nach Eurem Willen
Aus den geistigen Welten.

Nach der Geburt

Und des Kindes Seele,
Sie sei von mir geleitet
Nach Eurem Willen
In die geistigen Welten.
R.Steiner aus GA 40 Wahrspruchworte

 

Zu sprechen von der Mutter für das Kind

In Dich ströme Licht, das Dich ergreifen kann.
Ich begleite seine Strahlen mit meiner Liebe Wärme,
Ich denke mit meines Denkens besten Frohgedanken
An Deines Herzens Regungen.
Sie sollen Dich stärken,
Sie sollen Dich tragen,
Sie sollen Dich klären —Ich möchte sammeln in Deinen Lebensschritten
Meine Frohgedanken,
Dass sie sich verbinden Deinem Lebenswillen
Und er in Stärke sich finde in aller Welt
Immer mehr durch sich selbst.
R.Steiner aus GA 40 Wahrspruchworte

 

Zusammengestellt Aleksa Muszer

Wie wird man Waldorferzieher? Innere Einstimmung

Wie wird man Waldorferzieher? Ist das nicht schwer? Wird in einem freien Kindergarten nicht zu viel von dem Erzieher verlangt? Putzen müsst ihr auch?! Und das ganze Basteln, gehört das dazu? Sieben bis acht Elternabende im Jahr?! Wie ist das zu schaffen?
Und bei manchem schwingt noch die Frage mit: Zu was muss ich mich verpflichten? Ist die Bindung an spezifische philosophisch – anthropologische und pädagogische Auffassungen nötig? Ist das in dieser Zeit überhaupt noch modern?! O je! Es klingt wahrlich nach einer Strapaze.

Ich würde meinen:
Das Sich- Verbinden mit dem Waldorfkindergarten ist eindeutig eine Lebensentscheidung. Die Erzieher, die diesen Schritt gingen und in den Waldorfkindergarten eintraten, sind auch geblieben. Die Ausnahmen sind selten.
Die Wege dieser Lebensentscheidung wurden auf zwei verschiedenen Wegen gegangen. So meine Beobachtung.

Der eine Weg: es war die Kunst. Die künstlerischen Kurse und Seminare (Sprachgestaltung, Eurythmie, Malen) gaben dazu nötige Antworten. Weckten auf. Die Schönheit der Waldorfpädagogik fand das Herz und ging durch das Tun in einem durch.

Der zweite Weg: es war der Weg des Bewusstseins, des Wissens. Also die Ausbildung. Der Kopf und das Erkennen spielten hier eine entscheidende Rolle.

Es ist ungeheuer wichtig, sorgfältig zu prüfen, ob man in den pädagogischen und sozialen Zielsetzungen des Waldorfskindergartens etwas berechtigtes sieht. Ob man zum Menschenbild der Anthroposophie ein bejahendes, wenn auch ganz freies Verhältnis finden kann. Denn ohne dies könnten Enttäuschungen eintreten: auf Seiten des neuen Erziehers, der in seinem Kollegium nicht heimisch wird, weil er sich falsche Vorstellungen von der Wirklichkeit einer solchen Gemeinschaft gemacht hat.

Die Worte Rudolf Steiners aus der „Philosophie der Freiheit“ wurden mir durch den Gesamtverlauf des pädagogischen Wirkens immer gewichtiger: „Was der freie Geist nötig hat, um seine Ideen zu verwirklichen, um sich durchzusetzen, ist die moralische Phantasie. Sie ist die Quelle für das Handeln des Freien Geistes.“ Arbeiten in einem Waldorfkindergarten ist eine Freie Tat.

ABENDGLOCKENGEBET

Das Schöne bewundern,
Das Wahre behüten,
Das Edle verehren,
Das Gute beschließen:
Es führet den Menschen
Im Leben zu Zielen,
Im Handeln zum Rechten,
Im Fühlen zum Frieden,
Im Denken zum Lichte;
Und lehrt ihn vertrauen
Auf göttliches Walten
In allem, was ist:
Im Weltenall,
Im Seelengrund.
Rudolf Steiner

Aleksa Muszer

Poetisches für die Johannizeit

JOHANNI Fest – Einstimmung

Johanniskäferchen

Es fliegt ein feurigs Männlein rum
zwischen Hag und Hecken,
hat ein goldigs Laternle um,
kann sich nicht verstecken.
Feurigs Männlein auf dem Hag,
gib mir deine Laterne ab!
Volksgut

Unser Johannifest feiern wir jedes Jahr um dem 24. Juni am Vormittag mit den Kindern. Rosengirlanden schmücken den Gruppenraum. Sie tragen zur sommerlichen Johanniatmosphäre bei. Es ist, als ob wir uns im Dornröschen – Schloss aufhalten würden. Ja, die Johannizeit! Wenn die Glühwürmchen schwirren, ist ein Zauber da. Nachts zeigen sie sich gerne auf den Wiesen oder an Waldrändern. Seit jeher ist besonders die Johannisnacht auch mit Zauberkräften verbunden. In den Märchen in dieser Nacht öffnen sich Berge, die mit Schätzen angefüllt sind. Man kann Elfen und Zwerge sehen. In den Seen hört man versunkene Glocken läuten.

Der 24. Juni wird in manchen Gegenden der christlichen Welt noch als Geburtstag des Täufers Johannes gefeiert; die Menschen richten ihren Blick auf die Sonne und das Licht, aber der Blick sollte tiefer gehen und dahinter den hohen Sonnengeist des Christus suchen.

Die Kinder leben in dem Rhythmus. Die Pflege von dem Jahresrhythmus beinhaltet bei uns die Jahresfeste. Und so begegnet uns wieder das Johannifest. Im Sommer ist die Erde hingegeben an Wärme und Licht. Der Mensch möchte in die Weite des Raumes hinauswachsen, ausbrechen.

„Kennt ihr nicht den Sieben-, den Sieben-, den Sieben-,
kennt ihr nicht den Sieben-, den Siebensprung?
Wer sagt, dass ich nicht tanzen kann?
Kann tanzen wie ein Edelmann.
Das ist eins.
Das ist zwei.
Das ist drei.
Das ist vier.
Das ist fünf.
Das ist sechs.
Das ist sieben.“

Unter vielen Tänzen ist dieser unser Lieblingstanz!

Wenn wir zur Sommerzeit wandern und spazieren gehen, singen wir auch. Unsere Johannilieder zünden die sommerliche Lebensfreude mit an. Der Johannigesang steigt bis zum Himmel empor. Dieses geht dann auf die Eltern beim Sommerfest nieder. Es brennt nämlich da das Feuer! Die ganze Gemeinschaft ist dabei.

Am Johannitag laufen wir einen fröhlichen Umzug mit den Kindern durch den Garten. Die Kinder tragen blumengeschmückte Stäbe. An der kleinen Feuerstelle halten wir inne und singen. Eine besondere Fest-Speise begleitet den Johannitag. So ist an diesem Tag eine kleine Tafel mit Blaubeeren und Johannisbeeren gedeckt, die sich die Kinder gut schmecken lassen. Der Kuchen darf natürlich auch nicht fehlen!

Wir springen über das Feuer,
tanzen Sommertänze (da wird das Herz leicht und ungestüm)
und singen Sommerlieder (Denn Musik erlöst vom Gesetz der Schwere und die Seele wird frei)
Die „Johanni Legende“ wird erzählt
Der Jahreszeitentisch ist mit einer Lilie, und auf der anderen Seite mit roten Rosen geschmückt. Der Bilderrahmen mit einem Bild Johannes des Täufers ist in der Mitte platziert.

„Lasst uns singen, lasst uns singen.
Sankt Johann Sankt Johann
von der Sonne, von der Sommersonne.

Lasst uns singen, lasst uns singen.
Sankt Johann Sankt Johann
von dem Feuer, von dem Sommerfeuer.

Lasst uns singen, lasst uns singen.
Sankt Johann Sankt Johann
von den Kindern, von den Sommerkindern.

Lasst uns singen, lasst uns singen.
Sankt Johann Sankt Johann
von der Rose, von der Sommerrose.

Singen wir von weiser Lilie
Sankt Johann, Sank Johann
Singen, singen wir von weiser Lilie“
Volksweise

Als Einstimmung auf den Sommer tragen wir, jeden Morgen, den Sommerbaum: Es ist ein Kreis, der auf einen Stab befestigt ist; und ringsum hängen, auf dem Kreis befestigt, die bunten Bänder, die kleinen Schmetterlinge und gefilzte Äpfel.
Die Kinder freuen sich sehr darüber, den „Sommerbaum“ zu tragen. Sie üben nebenbei hierbei auch das aufrechte Halten und den Gleichgewichtssinn. Dazu singen wir das Lied „Wir tragen den Sommerbaum…“
Die Glühwürmchen fliegen auch mit im Gruppenraum: Kleine goldene Laterne symbolisiert deren Flug und Leuchten. Auf einem Stab befestigt, mit den kleinen „Glühwürmchen“ drin hängend, ermöglicht sie den Kindern dies stellvertretend zu erleben.

Zusammengestellt von Aleksandra Muszer

 

JOHANNI – Innere Einstimmung

Im Waldorfkindergarten feiern wir die christlichen Jahresfeste. Sie bilden einen roten Faden im Jahreslauf. Die Feste spiegeln die spirituellen Punkte im Jahresrhythmus wieder. Wir leben auch den Wandel der Jahreszeiten.

Und zu Johanni ist es der Sommer: Der Sommer, der wirkt, mit seiner Helligkeit und Hitze. Er lässt unser Bewusstsein glühen und wir sind begeistert von der Schönheit der Natur.

Die Kinder bekommen in unserem Kindergraten für das Johannifest (danach für die Sommerzeit) einen wunderschön wirkenden Raum zu sehen. Wir sagen oft dazu „der Raum ist durchdrungen“ und er gibt Bild der im Kosmos und auf der Erde wirkender Kräfte wieder.

Dieses setzt voraus: Die Erkenntnisarbeit der Erwachsenen.
Ganz einfach formuliert: Er weiß zu dem Fest.
Und aus dem Bewusstsein wird der Raum, der Jahreszeitentisch, das Fest gestaltet.
Die Kinder wissen natürlich nichts davon. Sie bekommen es zu sehen; sie erleben es.

Ich möchte gerne am Beispiel des Johannifestes zeigen, wie so eine „innere Vorbereitung“ ausschauen könnte. Es ist schlichtweg meine Arbeitsweise, die ich als seelische – geistige Hygiene pflege.

Zuerst jedoch das Grundprinzip der Waldorfpädagogik im ersten Jahrsiebt: Vorbild und Nachahmung. Darauf ist die ganze pädagogische Haltung aufgebaut. Nicht nur Taten, Gesten, Mimik der Erzieher wird nachgeahmt, sondern auch das Seelisch – Geistige. Was da ist, geht von dem Erzieher auf das Kind über; klingt innen nach.

Es lag Dr. Rudolf Steiner außerordentlich am Herzen, dass dies nicht geschehen sollte, dass ein unwahrhaftiges Verhalten in der Nähe des kleinen Kindes nicht gelebt wird. Es greift nämlich in die Organisation des Kindes tief hinein.

Es ist sehr wichtig für die Erziehung des kleinen Kindes, dass der erwachsene Mensch neben dem Kinde so lebt, wie eben sein eigenes Leben ist; mit allem seinem Streben und Ringen. Dass er neben dem Kinde ganz Mensch ist in aller Wahrhaftigkeit steht.
Was ich innerlich nicht habe; was ich innerlich nicht bewusst pflege, geht also nicht auf das Kind über.
Deswegen: Vor jedem Fest mache ich mir die dazu gehörigen geisteswissenschaftlichen Hintergrunde bewusst. Von nichts, kommt nämlich nichts.
Ich hole mir ins Bewusstsein, dass der Erzengel Uriel der Regent der Hochsommerzeit ist, wie es Rudolf Steiner in der Johanni-Imagination ausführlich geschildert hat. Nach Rudolf Steiner steht er als strenge Gestalt in schwachem, bläulichen Glanz in Norden. Uriel bedeutet: Feuer Gottes – Gott ist mein Licht. Von den vier Wesensgliedern des Menschen entspricht ihm, da er die Kräfte des alten Saturn repräsentiert, der physische Leib und von den Elementen das Erdelement.
Ein zuckender Blitz ist oft sein Symbol. Uriel vermittelt die Kraft, zielorientiert zu handeln, vermittelt Inspirationen und Erkenntnisse. Der Drang nach Schöpfung schlummert in uns allen, es fehlt oft nur an Mut und Tatkraft diesen Drang auszurichten. Hier trifft das Wort: Feuer und Flamme für eine Aufgabe oder ein Ziel sein.

Dann lese ich Johanni Imagination von Rudolf Steiner:

Johanni
„Und gehen wir im Jahreslauf, ich möchte sagen, in der Atmung der Erde weiter, dann finden wir, wie im Juni die Erde den dritten Zustand hat. Die Erde hat an dem Fleck, den wir jetzt beobachten, ganz ausgeatmet. Das ganze Seelenhafte der Erde ist in den kosmischen Raum hinaus ergossen, das ganze Seelische der Erde ist dem kosmischen Raum hingegeben. Das Seelenhafte der Erde durchtränkt sich mit der Kraft der Sonne, mit der Kraft der Sterne. Der Christus, der mit diesem Seelenhaften der Erde verbunden ist, vereinigt auch seine Kraft mit der Sternenkraft und der Sonnenkraft, die da fluten in dem an das kosmische All hingegebenen Seelenhaften der Erde. Es ist Johanni, es ist Johannizeit. Die Erde hat voll ausgeatmet. Die Erde zeigt in ihrer äußeren Physiognomie, mit der sie hinausblickt zum Weltenall, nicht ihre eigene Kraft, wie sie sie in sich zeigte zur Wintersonnenwende, die Erde zeigt auf der Oberfläche die rückstrahlende Kraft der Sterne, der Sonne, alles dessen, was kosmisch außer ihr ist.

Die alten Eingeweihten haben besonders lebhaft, namentlich in den nördlichen Gegenden Europas, den inneren Sinn und Geist dieser Zeit, unserer Junizeit, gefühlt. Sie haben ihre eigene Seele mit der Erdenseele in dieser Zeit hingegeben gefühlt den kosmischen Weiten. Sie haben sich lebend gefühlt nicht innerhalb des Irdischen, sondern in den kosmischen Weiten. Und vor allen Dingen haben sie sich etwa das Folgende gesagt: Wir leben mit unserer Seele in den kosmischen Weiten. Wir leben mit der Sonne, wir leben mit den Sternen. Und wenn wir den Blick zurückwenden auf die Erde, die sich erfüllt hat mit sprießenden, sprossenden Pflanzen, die alles mögliche an Tieren hervorgebracht hat, dann sehen wir in den sprießenden, sprossenden Pflanzen, in den farbenentfaltenden, farberglitzernden Blumen, sehen in den hin und her sich bewegenden Insekten, in den die Luft durchmessenden Vögeln mit ihren mannigfaltigen farbigen Federdecken wiederum von der Erde wie spiegelnd zurückglänzen dasjenige, was wir in die Seele aufnehmen, wenn wir gerade die Erde verlassen und uns mit dem hinausflutenden Atem der Erde verbinden, um kosmisch, nicht irdisch zu leben. Aber was sich da tausendfältig farbig, sprießend, sprossend, von der Erde hinauswachsend zeigt in den Weltenraum, das ist von derselben Art. Nur ist es eben die Reflexion, die rückstrahlende Kraft, während wir die direkte Kraft in unseren Menschenseelen tragen. – Das war das Sich-Fühlen derjenigen Menschen, die inspiriert waren von den Einweihungsstätten, welche insbesondere das Sommersonnenwendefest verstanden. So sehen wir hineingestellt das Johannifest in den großen Atemzug des Irdischen gegenüber dem Kosmos.

Schaue unser Weben,
Das leuchtende Erregen,
Das wärmende Leben.
Lebe irdisch Erhaltendes
Und atmend Gestaltetes
Als wesenhaft Waltendes.
Fühle dein Menschengebeine
Mit himmlischem Scheine
Im waltenden Weltenvereine.
Es werden Stoffe verdichtet,
Es werden Fehler gerichtet,
Es werden Herzen gesichtet.“

In der Johanni – Imagination schildert Rudolf Steiner, wie die individuelle Stimme des Gewissens wird sich erweitern zu einem Gewissen für die gesamte durch Christete Menschheitsentwicklung. Dadurch kann ein wirkliches historisches Gewissen entstehen.

Ich mag auch sehr gerne jedes Jahr die zwei Vorträge zu erfrischen: aus GA 223 , den Vortrag von 7.04.1923 und den von 2.04.1923. Die Schilderungen darin geben mir die Inspirationen, wie ich den Gruppenraum gestalten könnte oder was für ein Schwerpunkt ich in der Festgestaltung fixieren möchte. Die Entsprechungen zwischen den Makro- und Mikrokosmos helfen mir dabei.
(Tänze im Tageslauf; Blumen im Gruppenraum; Elfenmobile; Bild mit der Mutter Maria , Jesuskind und Johannes dem Täufer auf dem Jahreszeitentisch; Elemetarwesen im Reigen, und so weiter)

Ohne Grundlagenarbeit gibt es keine Pädagogik. Ohne Anthroposophie geht die Waldorfpädagogik nicht. Sie ist kein mysteriöser Überbau, sondern ein Erkenntnis- und Schulungsweg, der die Phänomene der Welt erschließt.
Die anthroposophischen Grundlagen sind es auch, die die Waldorfpädagogik so einmalig machen; irdisch und kosmisch zugleich.

Im Dienste ihrer Majestät der Waldorfpädagogik: Mein Weg zum Erziehungskünstler. Die Lebensaufgabe.

Aleksa Muszer

Literatur:

Rudolf Steiner: Der Jahreskreislauf als Atmungsvorgang der Erde und die vier großen Festeszeiten. (GA 223), Dornach/ Schweiz, 1990 |
Rudolf Steiner: Der Christus-Impuls und die Entwicklung des Ich-Bewusstseins. (Bibliographie-Nr.116), 4.
Die Rudolf Steiner: Das Miterleben des Jahreslaufes in vier kosmischen Imaginationen, GA 229 (1984),
Emil Bock: Der Kreis der Jahresfeste, Stuttgart 1981
Ein Sommer – Johanni – Rosen Heft von der IWV

JOHANNI – Reigen

Lied (wir gehen heiter im Kreis)
„Lachend, lachend, lachend, lachend kommt der Sommer über das Feld,
über das Feld kommt er lachend, ha ha ha lachend über das Feld“
Volkslied

Im Sommer wollen wir zu den Zwergen gehen
Und mal auch schauen, was geschehen.
Tausendfein und ganz grün vermoost
steht ein Haus auf der Wiese dort.
Wir schauen rein.
Seid leis’, wer mag darinnen sein…
(gesprochen, reduzierte Gebärden dazu )

Was machen denn die Zwerge des Vormittags halb acht:
Sie springen aus dem Bettchen, die Zwerge sind erwacht.
Was machen denn die Zwerge des Vormittags halb neun:
Sie gehen auf die Wiese, sie gehen in die Scheun’.
Was machen denn die Zwerge des Vormittags hell zehn:
Sie hacken ihre Hölzchen, sie hacken ihre Hölzchen
Die Kleinen und die Großen.
Was machen denn die Zwerge des Vormittags halb elf:
Sie klettern in den Blättern, sie klettern bis halb zwölf.

Was machen denn die Zwerge des Mittags um halb zwölf:
Sie kochen ihre Suppe und essen wie die Wölf’.
Was machen denn die Zwerge des Mittags um halb eins:
Sie putzen ihre Schuhe, sie putzen ihre Schuhe
Einen großen Schuh und einen kleinen dazu.
Was machen denn die Zwerge des Mittags um halb zwei:
Sie füttern ihre Kinder, sie füttern ihre Kinder
Mit Eiern und Popei.

Was machen denn die Zwerge des Nachmittags halb drei:
Sie sehn, dort schläft ein Häschen und gehen leis’ vorbei
Und gehen leis’ vorbei.
Was machen denn die Zwerge des Nachmittags halb vier:
Sie tun die Beeren in ihr Körbchen,
und schenken es dir!
Was machen denn die Zwerge des Nachmittags halb fünf:
Sie springen in die Pfütze, sie springen in die Pfütze
Und nass sind Schuh’ und Strümpf’.

Was machen denn die Zwerge des Abends um halb sechs:
Sie gehen in den Wald und necken eine Hex’.
Was machen denn die Zwerge des Abends um halb sieben:
Sie tanzen all im Kreise, Sie tanzen all im Kreise
Weil sie sich alle lieben.
Was machen denn die Zwerge des Abends um halb acht:
Sie gehen in ihr Bettchen, sie gehen in ihr Bettchen,
und sagen Gute Nacht.
Volksgut
* zu dem Text die Gebärden ausführen; die Kinder ahmen nach. Wir gehen dabei im Kreis

Seht von dem hohen, hohen Berge
Gehen, gehen kleine Zwerge.
Horch … sie sprechen eine andere Sprache
Da können wir lustig lachen.
(gesprochen)

„My jestesmy krasnonludki hopsa, hopsasa
pod grzybkami nasze budki hopsasa, hopsasa
Jemy muszki, zabie lapki oj tak,tak, oj tak tak.
A na glowach krasne czapki, to nasz znak, to nasz znak.
Gdy kto zbladzi to trabimy truru truru
Gdy kto senny to uspimy lulu lulu
Gdy kto zdrzywdzi krasnoludka ojoj ojoj
To zaplacze niezabudka ojoj ojoj”
Volksgut Polish
*gesungen mit den Gebärden dazu

Und husch sind die Zwerge weg!
Fenster zu! Es ist Ruh’
Schaut noch raus:
Ist verschwunden das kleine Zwergen – Haus.

Tanz
Im Sommer wollen wir nach Holland gehen.
Wir wollen schwimmen in den blauen See.
Da sehen wir den Fischer und die Fischersfrau,
das Röckchen rot, die Strümpfe blau.
Er hat Hosen wie ein Rock so weit,
sie hat ein Häubchen auf zu jeder Zeit.
Und was sollt man dazu meinen,
Holzschuh an den Beinen,
sie tanzen, tanzen, tanzen den Holzschuhtanz.

Zusammengestellt von Aleksandra Muszer

 

JOHANNI – Märchen

Nach Bronja Zahlingen von Frau Hinz (Posthum)

Das Johanniskraut
Es war einmal ein kleines Mädchen, das wohnte mit seiner Mutter in einem Häuschen am Ende des Dorfes. Sie hatten einen kleinen Garten, darinnen wuchsen Kräuter und Gemüse, und was sie sonst zum Leben brauchten.
Das Kind spielte den ganzen Tag im freien – es freute sich an Blumen und Schmetterlingen, es lauschte den Vöglein und sprang über das Bächlein. Abends saß es gerne auf einem Stein vorm Haus und sah zu, wie die Sonne schlafen ging.
Einmal, als die letzten Sonnenstrahlen auf seine Augen fielen, sprang eine Kröte aus dem Gras, blieb vor ihm sitzen und guckte es mit ihren goldenen Äuglein an. „Was mag die Kröte wollen?“, dachte das Mädchen, „ich will sie fragen“.
„Kröte, Kröte, was willst du haben,
süße Milch, um dich zu laben?
Bist du hungrig armes Ding?
Hier ist Milch, so komm doch und trink!“
Es stellte der Kröte ein Schälchen Milch bereit und diese trank es sehr zufrieden leer, dann sprang sie wieder fort. Von da an stellte das Kind jeden Abend Mich für die Kröte vors Haus und diese kam auch, sie zu trinken.
Einmal aber, im Frühsommer, wurde die Mutter krank. Endlich musste sie sich ins Bett legen. Das Mädchen pflegte sie, so gut es konnte; es sorgte auch für den Garten.
Es war gerade Johanni. Da wollte es in den Wald gehen, Beeren pflücken für die Mutter und einen Blumenstrauß. Es holte sein Körbchen und wanderte. Nach einer Weile setzte es sich auf einen Baumstumpf, sein Mittagbrot zu verzehren. „Ein Stücklein Brot möchte ich gerne mit den Gnömchen teilen“, dachte es. „Die Mutter sagt, sie haben es gerne, wenn man mit ihnen teilt. Ob sie hier unter der Wurzel wohnen oder dort hinterm Stein? Keins lässt sich sehen. Nun, so will ich ein Stückchen Brot hier ins Moos legen, da können sie holen, wann sie wollen“.
Kaum aber hatte es das Brot ins Moos gelegt, hörte es ein leises Kichern, und richtig, da sah es ein rotes Mützchen; ein Zwerglein kam gesprungen und noch mehr. Horch, was sie flüstern:
„Wir kichern und kaspern,
wir wispern und waspern,
klippern und klappern,
wir knicken und knacken,
willst du uns packen? –
husch sind wir fort!“
Sie schienen ihm zu winken. Es eilte hinter ihnen her. Nun waren sie verschwunden, doch da kamen sie wieder daher. Jetzt wieder der Große, dann wieder die Kleinen, und das Mädchen eilte ihnen nach. Es sprang über Moos und Steine, die roten Mützen sah es ganz deutlich. Jetzt waren sie verschwunden. Aber als es sich bückte, da fand es ganz viele rote, süße Beeren. Es pflückte sein Körbchen voll und aß sich satt; dann war es müde, setzte sich hin, und weil es Abend wurde, schlief es ein. Da hatte es einen Traum.
Die Kröte saß vor ihm, guckte es mit ihren Goldäuglein an und sprach:
„Suche das Johanniskraut,
und hast es gefunden,
wohl in der Johanninacht,
so heilt sie alle Wunden.“
Nun erwachte das Mädchen – es war Johanninacht – die Kröte war verschwunden, aber das Sprüchlein wusste es ganz genau.
Es machte sich auf, die Blume zu suchen, am Himmel funkelten die Sterne, und über ihm in der Luft blitzte es hell auf. Glühwürmchen waren es mit ihren Laternchen, Johanniswürmchen, die flogen vor ihm her.
„Hoch im Purpur, golden – grün.
Die Johanniswürmchen glühn.
Sommerwärme leuchtend künden,
Licht im Innern zu entzünden.“
Es folgte ihnen, bis es an einen Wasserfall kam, der vom Berge herab sprang. In silbernen Wellen schwammen Nixlein, die spielten mit dem Ball und sangen;
„Im strömenden Wasser,
an moosigen Quellen,
da spielen die Nixen
in silbernen Wellen.“
Weiter flogen die Johanniswürmchen.
„Hoch im Purpur, golden – grün.
Die Johanniswürmchen glühn.
Sommerwärme leuchtend künden,
Licht im Innern zu entzünden.“
Nun waren sie auf einer Lichtung und in hellen Mondschein schwebten die Elfen und tanzten über den bunten Blumen.
„Wo Blumen erblühen,
wo Gräser sich neigen,
da schweben die Elfen
im seligen Reigen.“
Weiter noch flogen die Glühwürmchen bis an eine Bergeshöhle. Bei der Höhle saß die Kröte auf einem Stein und winkte. Plötzlich tat sich der Berg auf. In hellen Sonnwendfeuer loderten Feuermännlein auf und ab, tanzten in flackernden Flammen, zischten und züngelten leis’ vor sich hin:
„Johanniskraut im grünen Grund,
wer heut es pflückt, wird gesund.“
Das Mädchen schaute auf den grünen Grund: da wuchs es, das Johanniskraut, nach dem es gesucht hatte. Es pflückte ein Sträußlein. „Danke!“ sagte es ganz laut, da war alles verschwunden. Nur die Johanniswürmchen flogen in der Höhe und führten es nach Haus.
Das Mädchen war heimgekommen. Es bereitete der Mutter gleich einen Tee vom Johanniskraut, und wie die ihn getrunken hatte, fühlte sie sich gleich besser, bald konnte sie aufstehen und in drei Tagen war sie wieder ganz gesund. Das Johanniskraut hielten sie beide hoch in Ehren und die Kröte erhielt weiter jeden Abend ihr Schüsselchen Milch.

 

Während der Ausbildung haben wir uns das Märchen als Marionetten – Spiel einstudieren müssen. Es war sehr anspruchsvoll: Nähen der Figuren, war nicht nur so ein Nähen. Frau Hinz (unsere Dozentin) las dazu die Texte zu den Elementarwesen; danach durften wir zuerst diese nähen. Ich sehe die Bilder noch heute vor mir!
Die Figuren von dem Mädchen und der Mutter wurden von einem Kreis her genäht. Frau Hinz hat uns diese ihre ganz eigene Technik beigebracht. Das Gereimte wurde immer gesungen.

Aleksandra Muszer